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Isidor Merländer

geboren am 3. Juli 1872 in Lüdinghausen, Nordrhein-Westfalen, Deutschland
ermordet am 9. Juli 1943 in der deutschen Mordstätte Sobibor

Familie

Ehefrau: Minna Meta Merländer, geborene Schellenberg geboren am 12. Juni 1877 in Neheim, Nordrhein-Westfalen, Deutschland verstorben 1933 in Dresden, Sachsen, Deutschland Tochter: Herta Merländer, verheiratete Baruch geboren am 14. November 1901 in Dresden, Sachsen, Deutschland ermordet am 30. November 1944 im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau Schwiegersohn: Dr. Ing. Robert Baruch geboren am 12. Dezember 1895 in Temeswar, damals K & K Monarchie, heute Timișoara, Rumänien umgekommen am 31. Mai 1945 im Konzentrationslager Mauthausen Enkel: Franz-Ralph Baruch geboren am 9. März 1925 in Berlin, Deutschland verstorben im:01. Mai 1945 im Konzentrationslager Ebensee Enkelin: Mary Johanna Baruch, verheiratete Cohn geboren am 23. Juni 1928 in Berlin, Deutschland verstorben 1951 in Sao Paulo, Brasilien Sohn: Dr. phil Hans Merländer geboren am 19. Oktober 1903 in Dresden, Sachsen, Deutschland ausgewandert 1933 nach Palästina, 1937 in die USA gestorben am 4. September 1958 in New York, USA

Lebensdaten

1872 Geburt in Lüdinghausen 1899? Umzug nach Dresden 1901 Heirat mit Minna Schellenberg führt mit seinem Bruder Samuel Stefan die Firma Hirsch & Co Konfektions- und Pelzhandel in Dresden 1901 Geburt der Tochter Herta in Dresden 1902 Geburt des Sohnes Hans in Dresden 1923 Heirat der Tochter Herta 1925 Geburt des Enkels Franz Ralph in Berlin 1928 Geburt der Enkelin Mary Johanna in Berlin 1933 Auswanderung des Sohnes Hans nach Palästina 1933 Tod seiner Ehefrau 1937 Flucht des Schwiegersohns in die Niederlande 1937 Flucht seiner Tochter Herta in die Niederlande 1938 Selbstmord des Bruders Samuel Stefan 1939 Flucht in die Niederlande zur Tochter 1939 Flucht des Neffen Paul Samuel nach London 1942 Tod der Schwägerin Bertha in Theresienstadt 1943 Flucht der Familie der Tochter nach Ungarn 1943 Inhaftierung in Westerbork und Deportation und Ermordung in der Mordstätte Sobibor 1944 Deportation der Familie der Tochter nach Auschwitz-Birkenau 1944 Tod der Tochter Herta in Auschwitz-Birkenau 1944 Befreiung der Enkelin Mary Johanna in Langenbielau/ heute Polen 1944 Tod des Enkels Franz Ralph Baruch in Ebensee/Österreich 1945 Tod des Schwiegersohns Robert Baruch in Mauthausen
Porträtfoto
Porträtfoto

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Biografie

Isidor Merländer wurde als Sohn von Fanny und Herz Merländer in Lüdinghausen nahe Münster geboren.

Er heiratete am 12. Februar 1901 Minna Meta Schellenberg. Ihre Tochter Herta wurde 1901 geboren, ihr Sohn Hans ein Jahr später. Die Familie wohnte in Dresden in der Stüberlallee 35, später in der Anton-Graff-Straße 1. Isidor Merländer war Inhaber der Firma Hirsch & Co für Konfektions- und Pelzwaren und hatte das Prädikat des „Hoflieferanten“ in Sachsen. Das Geschäft befand sich in der Prager Straße 6/8, der größten und elegantesten Einkaufsstraße Dresdens. Isidor Merländer führte das Geschäft zusammen mit seinem Bruder Samuel Stefan und später auch mit dessen Sohn. Die beiden Brüder Merländer waren in der Israelitischen Religionsgemeinde Dresden aktiv und engagierten sich in sozialen Projekten.


Isidor Merländers Sohn Hans studierte an den Universitäten in München und Freiburg Philosophie und hat in Leipzig im Fach Philosophie promoviert. Er wanderte 1933 erst nach Palästina und 1937 in die USA aus.


Isidors Tochter Herta heiratete den aus Temeswar, heute Rumänien, stammenden Robert Baruch. Er kam aus einer wohlhabenden Familie und studierte in Dresden Chemie. Ihre beiden Kinder Franz Ralph und Mary Johanna kamen 1925 und 1928 in Berlin zur Welt. Robert war Geschäftsführer einer Schrotthandelsfirma in Berlin.


1933 verstarb Isidors Frau Minna Meta Merländer in Dresden.




Vertreibung, Selbstmord, Flucht

1937 verließ Schwiegersohn Robert Baruch Berlin und emigrierte in die Niederlande. In Amsterdam gründete er mit einem Freund eine Ex- und Importfirma für Metalle. Tochter Herta und die beiden Kinder Mary und Ralph blieben vorerst in Berlin. Im Juni 1937 flüchtete sie über Italien und Frankreich zu ihrem Mann nach Amsterdam.

Seinen Bruder Stefan Samuel Merländer verlor Isidor durch Selbstmord am 6. August 1938. Dessen Sohn konnte 1939 nach England fliehen. Isidors Schwägerin Bertha Merländer wurde am 11.08.1942 mit dem Transport V/4 ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo sie innerhalb eines Monats umkam.

In der Pogromnacht im November 1938 wurde auch das Geschäft Merländer in Dresden überfallen, ein Großteil der exklusiven Waren wurden geraubt, das Geschäft zum Teil zerstört und vermutlich in den folgenden Monaten enteignet.

Im Mai 1939 floh Isidor Merländer in die Niederlande nach Amsterdam. Dort wohnte er nur wenige Straßen von der Familie seiner Tochter und seinen beiden Enkelkindern entfernt. Die Geschäfte der Firma des Schwiegersohnes liefen gut. Als im Mai 1940 die Niederlande von den Deutschen besetzt wurden übertrugen die beiden Teilhaber die Firma vorsorglich einem Niederländer.


Zu diesem Zeitpunkt lebten bis zu 50.000 deutsche Jüdinnen und Juden in den Niederlanden, sie waren seit 1933 legal oder illegal eingewandert. Emigranten erhielten zu dieser Zeit keine Arbeitserlaubnis und waren von Hilfsorganisationen abhängig. Mit der Besetzung durch die deutsche Wehrmacht wiederholte sich die Ausgrenzung, Entrechtung, Beraubung und Verfolgung, die die deutschen Juden und Jüdinnen bereits im Deutschen Reich mitgemacht hatten.




Verhaftung und Deportation nach Sobibor

Es ist davon auszugehen, dass Isidor Merländer bereits im Juni 1943 die Aufforderung erhielt, sich in der Hollandsche Schouwburg zu melden. Dieses ehemalige Theater diente den deutschen Besatzern ab Sommer 1942 als Sammelstelle für Jüdinnen und Juden aus Amsterdam. Wenn sie sich nicht freiwillig meldeten, wurden sie bei Razzien in ihren Wohnungen, an ihren Arbeitsplätzen und auf der Straße von deutschen und auch niederländischen Polizisten aufgegriffen, zur Sammelstelle gebracht und dann in das Lager Westerbork verschleppt. Das „Polizeiliche Judendurchgangslager Westerbork“ diente als Konzentrationslager in Vorbereitung der Deportationen v.a. der jüdischen Flüchtlinge und niederländischen Juden und Jüdinnen in die Vernichtungslager. Von hier wurden zwischen 1942 und 1944 insgesamt 107.000 Jüdinnen und Juden in den Osten verschleppt - 19 Transporte mit über 34.000 Menschen verließen Westerbork mit dem Ziel Sobibor.


Am 6. Juli 1943, kurz nach seinem 71. Geburtstag, musste Isidor Merländer im 17. Transport zusammen mit 2416 weiteren Jüdinnen und Juden die Fahrt nach Sobibor antreten. Die Fahrt im Viehwaggon dauerte drei Tage. Isidor Merländer wurde unmittelbar nach seiner Ankunft, am 9. Juli 1943, im Todeslager Sobibor ermordet.




Deportation der Familie der Tochter

Ein Fluchtversuch des Schwiegersohns über den Ärmelkanal nach Großbritannien misslang. Über Bekannte gelang es ihm jedoch Ausreisepapiere für Ungarn zu bekommen, wohin die Familie Baruch im August 1943 flüchtete. Von hier aus forschte Tochter Herta Baruch nach dem Verbleib ihres Vaters. Sie wandte sich an die schwedische Vertretung des Auswärtigen Amtes in Berlin. Auf ihre Anfrage bekam sie im Frühjahr 1944, einem dreiviertel Jahr nach seiner Ermordung, die Antwort, ihr Vater Isidor sei nach Riga deportiert worden.

Die Sicherheit der Familie Baruch in Ungarn währte nur kurz, sie wurden im Oktober 1944 verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Nur die Enkelin Mary Baruch überlebte ein Zwangsarbeitslager bei Breslau und kehrte 1945 in die Niederlande zurück. Isidors Tochter Herta kam im Konzentrations- und Mordlager Auschwitz um, der Schwiegersohn Robert Baruch verstarb kurz nach der Befreiung im Konzentrationslager Mauthausen und der Enkelsohn Franz Baruch am 1. Mai im Außenlager Ebensee – beide im heutigen Österreich gelegen.




Verwendete Dokumente und Literatur

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