Julius Dalberg
geboren am 21. Mai 1882 in Essentho, Nordrhein-Westfalen, Deutschland
ermordet am 23. Juli 1943 in der deutschen Mordstätte Sobibor
Familie
Lebensdaten
Biografie
Julius Dalberg stammte aus Essentho bei Marsberg im westfälischen Sauerland, wo es seit dem 18. Jahrhundert eine kleine jüdische Gemeinde gab. Seine Familie verzog siedelte Ende des 19. Jahrhunderts nach Kassel um.
Julius Dalberg besuchte in Kassel die Albert-Schweitzer-Schule und später das Oberstufen-Gymnasium in Bad Hersfeld und legte 1904 die Reifeprüfung ab. Anschließend studierte er Jura. Später arbeitete Julius Dalberg in Kassel als Rechtsanwalt.
Julius Dalberg war vielseitig interessiert und engagiert. So war er u.a. Gemeindeältester der Jüdischen Gemeinde. Er arbeitete als Redakteur für die „Jüdische Wochenzeitung für Kassel, Hessen und Waldeck“ und veröffentlichte Aufsätze zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Kassel. Zudem war er Sammler antiker Kunst und antiquarischer Bücher, vor allem aus jüdischem Kontext. Zusammen mit Alexander Lewinsohn war er federführend an der Schaffung des jüdischen Museums beteiligt.
Julius Dalberg hatte seine Frau bereits während seines Schulbesuchs in Bad Hersfeld kennen gelernt. Sie war die Tochter des jüdischen Lehrers Moses Nussbaum. Im Jahr 1911 heirateten Julius Dalberg und Bella Nussbaum. Ab 1911 wohnte die Familie in der Hohenzollernstraße in Kassel und blieb kinderlos.
Julius Dalberg hatte immer wieder berufliche Auseinandersetzungen mit dem Kasseler Rechtsanwalt und späteren Präsidenten des nationalsozialistischen Volksgerichtshofes Roland Freisler. Dieser war Sprecher und der führende Kopf der Kasseler Nationalsozialisten.
Am 24. März 1933 wurde Julius Dalberg im SA-Lokal „Bürgersäle“ auf schwerste Weise- mit bleibenden körperlichen Schäden - misshandelt und als demütigende Maßnahme sein Vollbart abgeschnitten. Am 1. September 1933 wurde er verhaftet und ins Konzentrationslager Breitenau in Guxhagen nahe Kassel eingeliefert.
Flucht in die Niederlande
Nach seiner zwei Wochen später stattfindenden Freilassung flüchteten er und seine Frau Bella nach Amsterdam. Bella und Julius Dalberg waren in Amsterdam zwischen 8. Januar 1934 und 1. Juni 1943 in der Noorder Amstellaan 31 A III polizeilich gemeldet.
Dort gründete er mit zwei Gulden in einer Garage in der Spuistraat das jüdisch-wissenschaftliche Antiquariat „Pampiere Wereld“. In der ‚Het Parool‘ vom 14. Juli 1984 beschrieb ihn sein ehemaliger Mitarbeiter Salo Meyer so: „Ein sehr distinguierter Mann, ehrlich, weltoffen. Vor dem Krieg bestand die Winkler-Prins-Enzyklopädie aus sechzehn Bänden – Dalberg wurde als siebzehnter Band bezeichnet. Ein zuverlässiger, sehr engagierter Mann. Beeindruckend von Statur und Vollbart. Hier – ich trage immer noch sein Foto bei mir. Ein sehr gebildeter Mann mit einem beeindruckenden Gedächtnis. Das Buch „Die Geschichte der Juden in den Niederlanden“ enthält zwei von ihm verfasste Kapitel, die er aus dem Gedächtnis aufschrieb. Denn er hatte nichts bei sich, als er aus Deutschland floh.“
Mit der Besetzung der Niederlande am 10. Mai 1940 durch die Deutschen verschärfte sich sowohl die Situation der niederländischen Jüdinnen und Juden als auch der aus Deutschland Geflüchteten dramatisch. Dem von den Nazis erlassenen Arbeitsverbotes für Juden entsprechend wurde das Antiquariat von Julius Dahlberg am 10.10.1941 geschlossen
Verhaftung und Deportation
Anfang April 1943 wurden Bella und Julius Dalberg bei einer Razzia verhaftet und in das Zentrale Flüchtlingslager Westerbork, später „Polizeiliches Judendurchgangslager Kamp Westerbork“ gebracht. Von hier wurden zwischen 1942 und 1944 insgesamt 107.000 Menschen in den Osten verschleppt - 19 Transporte mit über 34.000 Menschen verließen Westerbork mit dem Ziel Sobibor. Julius und Bella Dalberg wurden am 20. Juli 1943 mit dem 19. Transport aus dem Lager Westerbork ins Todeslager Sobibor deportiert. Die Fahrt im Viehwaggon dauerte drei Tage. In diesem Transport befanden sich weitere 2007 Menschen, keiner dieser Menschen überlebte.
Julius und Bella Dalberg wurden direkt nach ihrer Ankunft im Vernichtungslager Sobibor am 23. Juli 1943 ermordet.
Verwendete Dokumente und Literatur
Website des Archivs ITS Arolsen
Website Gedenkbuch des Bundesarchivs
Website zur Geschichte jüdischer Gemeinden in Deutschland
Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe, Hg. Susanne Freund u.a., 2016
Kamler u.a., Hg., Volksgemeinde und Volksfeinde, Kassel 1933 – 1945, Bd. I und II, 1984 und 1987
Kleinert, Beate und Prinz, Wolfgang Prinz, Namen und Schicksale der Juden Kassels 1933 – 1945, Ein Gedenkbuch, Hg. Magistrat der Stadt Kassel-Stadtarchiv, 1986