Eleonora Selowsky, geborene Eichengrün
geboren am 1. April 1902 in Düsseldorf, Nordrhein-Westfalen, Deutschland
ermordet am 13. März 1943 im Mordlager Sobibor
Familie
Lebensdaten
Der 4. Geburtstag von Oskars Tochter Karin, das Mädchen mit dem weißen Hut vorn links, ihr Bruder Peter hinten Mitte. Emmy van Hoorn ganz rechts und daneben Reni Jeidels, die Kinder der befreundeten Familien
Stolpersteine für die Familie Selowsky in der Julianalaan in Delft
Biografie
Eleonora Selowsky wurde 1902 in Düsseldorf geboren.
Die jüdische Geschichte Düsseldorfs reicht zurück bis ins 18. Jahrhundert. Es gab eine Synagoge, eine jüdische Schule und einen jüdischen Friedhof. 1933 lebten etwa 5.500 Jüdinnen und Juden in Düsseldorf, von denen etwa wie Hälfte auswanderte. Die erste Deportation fand im bereits Oktober 1941 statt, die letzte im Januar 1945. Nach 1945 kehrten etwa 60 jüdische Überlebende nach Düsseldorf zurück.
Eleonore Eichenberg, spätere Selowsky, wurde als ältestes Kind von Fridoline und Albert Eichenberg in Düsseldorf geboren. Ihre beiden jüngeren Brüder Hubert und Gerhard Michael kamen 1903 und 1908 ebenfalls in Düsseldorf zur Welt. Hubert verstarb wenige Tage nach der Geburt. Die Mutter Fridoline verstarb im Jahr der Geburt des jüngeren Bruders Gerhard-Michael. Der Vater heiratete 1910 ein zweites Mal, seine zweite Frau hieß Johanna Nathan. Sie wurde im August 1942 aus Frankfurt am Main in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie im März 1943 umkam.
Emigration in die Niederlande
Eleonora Eichenberg ehelichte im Oktober 1923 den aus Dresden stammenden Oskar Selowsky. In der Heiratsurkunde ist als Beruf ‚Haustochter‘ angegeben. Bei der Geburt ihres ältesten Sohnes Peter im Jahr 1925 lebte die Familie noch in Dresden. 1929, also noch vor der Geburt der Tochter Karin, emigrierte die Familie in die Niederlande und ließ sich in Delft nieder. Hier wohnten sie in der heutigen Julianalaan 74. 1931 wurde dann ihre Tochter Karin geboren.
In der Nachbarschaft wohnten zwei weitere deutsch-jüdische Familien, zu denen die Selowskys engen Kontakt pflegten. Das waren die Familie Van Hoorn mit ihren beiden Kindern und Familie Jeidels mit Tochter Reni und der Großmutter Jenny Jeidels-Stamm.
Am 14. Juli 1933 wurde den Selowskys die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt.
Ihr Ehemann Oskar Selowsky arbeitete in einer Farbenfabrik in Delft. Eleonora war Physiotherapeutin. Sie legte 1937 die entsprechende Prüfung ab. Sie annoncierte ihre Dienste in der Zeitung und behandelte ihre Patientinnen und Patienten zuhause.
1938 starb ihre Schwiegermutter in Dresden, ihre beiden Schwager waren im selben Jahr von Dresden nach Südamerika geflüchtet.
Von Sohn Heinrich Peter ist bekannt, dass er Briefmarken sammelte und sich mit seiner Bienenzucht beschäftigte. Er machte 1939 seinen Abschluss am Delfter Gymnasium.
Die Tochter Karin war mit dem Nachbarskind Reni Jeidels befreundet. Später erinnerte Reni ihre Freundin Karin als ein süßes Mädchen mit großen braunen Augen. Von ihr stammt auch die Information, dass es in der Wohnung der Selowskys ein lebensgroßes Porträt von Elenora mit ihrem Baby Karin auf dem Schoß gab.
Eleonora Selowsky setzte sich für geflüchtete jüdische Kinder ein, die nach der Pogromnacht mit den Kindertransporten aus Deutschland in die Niederlande kamen. Schon am 17.11.1938 rief sie mit einer Anzeige in der Delfter Zeitung dazu auf, deutsche Kinder bei sich aufzunehmen.
Im Mai 1940 besetzte die deutsche Wehrmacht die Niederlande. Das hatte für die jüdische Bevölkerung Schritt für Schritt zur Folge, dass sie ausgegrenzt, entrechtet, beraubt und verfolgt wurde.
Auch ihre Halbschwester Ruth war vermutlich 1936 in die Niederlande geflohen. Ihr Sohn kam 1937 in Den Haag zur Welt, für den Ehemann Ernst gibt es einen entsprechenden Eintrag, dass er 1936 in die Niederlande ausgewandert ist. Bereits im Oktober 1942 wurde sie von Westerbork aus mit ihrem Ehemann Ernst und dem 5-jährigem Jan in das Konzentrations- und Todeslager Auschwitz-Birkenau verschleppt. Mutter und Sohn kamen dort um. Ihr Ehemann starb kurz vor Ende des Krieges im Frühjahr 1945 in einem Außenlager von Buchenwald.
Verhaftung und Deportation
Zu Beginn des Jahres 1943 musste die befreundete Familie Van Hoorn ihr Haus für die deutschen Besatzer räumen und zog mit ihren zwei Kindern zu den Selowskys. Anfang März 1943 wurden die beiden Elternpaare von der niederländischen Polizei verhaftet. Die Kinder gingen zu Fuß zur Polizeistation, um bei ihren Eltern zu sein. Beide Familien wurden zusammen mit ihren Kindern nach Westerbork verschleppt.
Das „Polizeiliche Judendurchgangslager Westerbork“ diente als Konzentrationslager in Vorbereitung der Deportationen v.a. der jüdischen Flüchtlinge und niederländischen Juden und Jüdinnen in die Vernichtungslager. Von hier wurden zwischen 1942 und 1944 insgesamt 107.000 Jüdinnen und Juden in den Osten verschleppt - 19 Transporte mit über 34.000 Menschen verließen Westerbork mit dem Ziel Sobibor.
Am 10. März 1943 mussten Eleonora Selowsky und ihr Ehemann Oskar mit ihren beiden Kindern und der Großmutter der befreundeten Familie, Jenny Jeidels, im 2. Transport zusammen mit 1000 weiteren Jüdinnen und Juden die Fahrt nach Sobibor antreten. Die Fahrt im Viehwaggon dauerte drei Tage. Eleonora und Oskar Selowsky und Jenny Jeidels-Stamm wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft, am 13 März 1943, im Todeslager Sobibor ermordet.
Die Familie Van Hoorn wurde zwei Wochen später deportiert. Am 23. März verließen sie Westerbork und kamen drei Tage später in Sobibor an, wo sie unmittelbar nach der Ankunft ermordet wurden.
Im November 2021 wurden in Delft auf der Julianalaan vier Stolpersteine zur Erinnerung an die Familie Selowsky verlegt. Die Stolpersteine für die Familie Van Hoorn wurden vor ihrem Haus verlegt, aus dem sie von den Deutschen verjagt wurden.
Verwendete Dokumente und Literatur