Selma Pardis
geboren am 24. April 1880 in Hannover, Niedersachsen, Deutschland
ermordet am 17. Juni 1942 in der deutschen Mordstätte Sobibor
Familie
Lebensdaten
Biografie
Selma Pardis wurde in Hannover geboren. Über ihr Leben vor dem Zweiten Weltkrieg ist nicht viel bekannt. Sie war verheiratet mit Wolf Willy Pardis, der 1870 in Hamburg geboren wurde. Seit 1906 lebten die beiden in Düsseldorf mit ihrem Sohn Emil. Emil fiel 1918 als Soldat im Ersten Weltkrieg, er war Träger des Eisernen Kreuzes mit Band. Das Paar wohnte in den Jahren 1941/1942 in der Worringstraße 80.
In Düsseldorf lebten 1933 rund 5500 Jüdinnen und Juden. Bis 1938 halbierte sich durch Wegzug und Auswanderung ihre Einwohnerzahl. Bereits ab Herbst 1941 wurden die zurückgeblieben Jüdinnen und Juden aus Düsseldorf in Transportzügen „In den Osten“ gebracht. Der Großteil von ihnen starb in den Ghettos, Mordlagern und bei Erschießungen. Am 22. Januar 1942 verstarb Selma Pardis‘ Ehemann Willy mit 72 Jahren und sie blieb allein zurück. Kurz darauf erhielt die trauernde Witwe im Frühjahr 1942 die Aufforderung, sich zur Deportation bereit zu halten.
Auf der Flucht vor den Nationalsozialisten
Für sie begann damit eine zugleich mutige, verzweifelte und aussichtslose Odyssee, sich zu verstecken um den Nationalsozialisten zu entrinnen. Im späteren Verhörprotokoll der Geheimen Staatspolizei vom 21. Mai 1942 gab sie an, dass sie für den 13. April 1942 vorgeladen war und sich für einen Transport ab Düsseldorf bereithalten sollte. Sie wurde angehalten, am 21. April 1942 sich am städtischen Schlachthof einzufinden. Selma Pardis, 62 Jahre alt, hatte Angst, einen solchen Transport nicht überstehen zu können. So verließ sie am 20. April 1942 ihre Wohnung mit dem Plan, sich in den Rhein zu stürzen, wozu ihr letztlich der Mut fehlte. Sie fuhr nach Köln. Um unbehelligt eine Fahrkarte lösen zu können, hatte sie den Judenstern von ihrem Mantel entfernt. In Köln wusste sie nicht, wohin sie sich wenden sollte. Dort saß sie nun nach ihrer Aussage laut weinend in der Bahnhofshalle, wo sie ein Münchner ansprach. Mit ihm fuhr sie noch in derselben Nacht nach München und hielt sich zwölf Tage lang in dessen Wohnung auf. Dann fuhr sie zurück nach Düsseldorf. Sie wurde festgenommen und von der Gestapo verhört.
Deportation nach Sobibor
Am 23. Mai 1942 wurde sie wieder aus dem Gerichtsgefängnis entlassen. Auf der Deportationsliste ist als letzter Wohnsitz eine Adresse der jüdischen Gemeinde angegeben, wahrscheinlich bekam sie dort Unterkunft. Am 15. Juni 1942 musste sie sich am städtischen Schlachthof einfinden. Dieser diente als Sammelpunkt für die Jüdinnen und Juden die verschleppt werden sollte. Hier wurden auch Selma registriert und beraubt, bevor sie den Deportationszug am Güterbahnhof Düsseldorf Derendorf besteigen musste. Nach einer dreitägigen Fahrt erreichte der Zug mit weiteren 1000 Jüdinnen und Juden das deutsche Mordlager Sobibor im heutigen Polen. Selma Pardis wurde im Alter von 62 Jahren direkt nach ihrer Ankunft ermordet.
Verwendete Dokumente und Literatur
Website des Archivs ITS Arolsen
Website Gedenkbuch des Bundesarchivs
Website Statistik des Holocaust
Fleermann, Bastian u.a., Düsseldorfer Deportationen: Massenverschleppungen von 1933 bis zur Befreiung 1945, 2015
Verhörprotokoll der Geheimen Staatspolizei Düsseldorf, Ausstellung im Erinnerungsort Alter Schlachthof Düsseldorf