Hilda Hoorn, geborene Katz
geboren am 15. Januar 1895 in Langenholzhausen, Nordrhein-Westfalen, Deutschland
ermordet am 26. März 1943 in der deutschen Mordstätte Sobibor
Familie
Lebensdaten
Sohn Berend mit seiner Schwester Emma, links die Freundin der Kinder Reni Jeidels
Sohn Berend mit Tochter Emma
Tochter Emma mit Sohn Berend
Tochter Emmas Eintrag in das Posiealbum ihrer Freundin Reni Jeidels
Biografie
Hilda Katz wurde 1895 in Langenholzhausen in Nordrhein-Westfalen geboren. Ihre Eltern waren Emma und Abraham Katz. Ihr Vater war von Beruf Viehhändler und Metzger.
In Langenholzhausen waren seit Ende des 17. Jahrhunderts jüdische Familien ansässig. Es gab zeitweise eine Betstube am Ort. Da die jüdische Gemeinde sehr klein war, besuchten die Kinder in umliegenden Dörfern die jüdische Schule. Es gab einen jüdischen Friedhof, der in den 1930er Jahren für eine Zufahrt zum christlichen Friedhof eingeebnet wurde.
Hilda Katz hatte zwei Schwestern und einen Bruder. Ein Teil ihrer Familie wanderte in den 1920er Jahren in die Niederlande aus. Ihre Schwester Emilie Cohn verstarb 1938 in Winschoten. Ihre Schwester Henni Irma wurde am 14. Januar 1943 in Auschwitz ermordet. Ihr Bruder Erich Sally kam am 30. September 1943 ebenfalls in der Mordstätte Auschwitz ums Leben, einer seiner Söhne starb kurz nach der Befreiung in Bergen Belsen, dem anderen Sohn gelang es zu überleben.
Hilda Katz heiratete am 23.12.1918 Maurits van Hoorn aus t’Zandt in Südholland. Das Paar ließ sich in Delft nieder. Ihr Ehemann Maurits van Hoorn hatte studiert und arbeitete als Lehrer an der Universität am Rotterdamscheweg und unterrichtete zusätzlich Deutsch an der Handelsabendschule.
Nach der Geburt der Tochter Emma im August 1928 zog die kleine Familie in ein eigenes Häuschen in die Julianalaan 54. Zwei Jahre später kam ihr Sohn Berend zur Welt. Hilda van Hoorn hatte Schwierigkeiten mit der niederländischen Sprache, sie tat sich gern mit deutschsprachigen Nachbarinnen zusammen. Das waren die Familie Anne und Kurt Jeidels aus Berlin und die Familie Eleonora und Oskar Selowsky aus Dresden. Erwachsene und Kinder pflegten einen freundschaftlichen Umgang. Von Hilde van Hoorn ist bekannt, dass sie Ihren Mann ’Mo‘ rief, gerne Butterkuchen buk und eine besorgte Mutter war. Tochter Emma van Hoorn und die Jeidels-Tochter Reni waren beste Freundinnen. Rene Jeidels beschrieb später Emma als ein tapferes sommersprossiges Mädchen mit schwarzen Locken, die es liebte Witze zu erzählen. Sie besuchten dieselbe Grundschule Nr. 11 in der Van Spreykstraat, waren aber nicht in einer Klasse. Der Sohn Berend, Beertje gerufen, war ein fröhlicher Junge, er besuchte die Grundschule zusammen mit der Selowsky-Tochter Karin aus der Nachbarschaft.
Nach der deutschen Besetzung der Niederlande
Als die Deutschen 1940 die Niederlande besetzten, gab es etwa 140.000 jüdische Bewohnerinnen und Bewohner in den Niederlanden, davon waren an die 15.000 jüdische Flüchtlinge aus Deutschland. Etwa 75 Prozent der jüdischen niederländischen Bevölkerung fiel dem Holocaust zum Opfer, vor allem in den Mordstätten Sobibor und Auschwitz.
Nach der Besetzung war es ihrem Ehemann Maurits van Hoorn verboten weiter an der Hochschule zu unterrichten. Er nahm eine Stelle an der jüdischen Schule in Den Haag an. Auch ihre Kinder durften nicht mehr in der öffentlichen Schule am Unterricht teilnehmen. Sie besuchten ab 1941 ebenfalls die jüdische Schule in Den Haag.
Im Januar 1943 musste die Familie van Hoorn innerhalb von drei Tagen ihr Haus verlassen. Sie mussten es für einen deutschen Offizier räumen. Die Familie van Hoorn fand Unterschlupf bei den Selowskys in der Julianalaan 74.
Verhaftung und Deportation
Wenige Wochen später wurden die beiden Elternpaare Selowsky und van Hoorn von der niederländischen Polizei abgeholt. Ihre vier Kinder Emma, Behrend, Peter und Karin hatten keinen Platz mehr im Auto, das die Eltern abholte. Also liefen die Kinder zu Fuß zur Polizeistation zu ihren Eltern. Von der Polizeistation aus wurden die beiden Familien gemeinsam mit der Großmutter Jenny Jeidels, in das Polizeiliche Durchgangslager Westerbork gebracht. Emma van Hoorn schrieb am 9. März 1943 an die Familie Jeidels noch einen letzten Brief aus Westerbork.
Das „Polizeiliche Judendurchgangslager Westerbork“ diente als Konzentrationslager in Vorbereitung der Deportationen der niederländischen Juden und Jüdinnen und der jüdischen Flüchtlinge in die deutschen Mordstätten. Von hier wurden zwischen 1942 und 1944 insgesamt 107.000 Jüdinnen und Juden in den Osten verschleppt - 19 Transporte mit über 34.000 Menschen verließen Westerbork mit dem Ziel Sobibor.
Am 23. März 1943 mussten Hilda, Maurits und die Kinder Emma und Behrend in Westerbork einen Deportationszug besteigen. Mit weiteren 1246 jüdischen Menschen wurden sie in die deutsche Mordstätte Sobibor im heutigen Ostpolen verschleppt. Nach einer dreitägigen Zugfahrt in überfüllten Waggons kamen sie am 26. März 1943 in Sobibor an. Sie wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft in Sobibor ermordet.
Die befreundete Familie Selowsky war bereits zwei Wochen vorher mit ihren beiden Kindern und der Großmutter von Reni, Jenny Jeidels, nach Sobibor verschleppt und dort ermordet worden.
"Westerbork, 9-3-43
Liebe Familie Jeidels …
Im Auftrag von Mutter schreibe ich, da sie so müde ist. …. Jetzt sind wir hier. Mutter sitzt hier ohne Stopffaden und ohne Nadeln. Auch keine Butter, weil … sie noch im Keller liegt. Im dunklen Schrank in Mutters Schlafzimmer stehen auch 3 Marmeladengläser. Ein kleiner Käse liegt im Kleiderschrank der Mutter auf dem Dachboden. Gegenüber diesem Schrank steht ein Koffer mit etwas Tee. Wir hätten alles so gerne hier. Im dunklen Schrank im Schlafzimmer der Mutter hängt Mutters Bademantel und darunter ein Kleid, das diese Mutter für die Arbeit haben wollte. Im Keller steht auch eine Dose mit Margarine … in einem grünen Buttertopf. … Und auch Haarnadeln und Sicherheitsnadeln, die in einer Sirupdose auf Mutters Nachttisch liegen. Mutter hat gerade mit deiner Schwiegermutter gesprochen. (Emmy meint meine Großmutter Jenny Jeidels-Stamm …) Sie ist sehr stark, ebenso Frau Feldmann (Jennys Schwester Lina), letztere ist sehr stark. Die Delfter sind alle zusammen in einer Baracke. … Wir dürfen einmal alle 14 Tage schreiben. Jetzt muss ich Schluss machen. Grüßen Sie alle Bekannten.
Nun liebe Familie … Grüße von uns allen und einen Kuss von Emmy.
P.S. Mach dir keine Sorgen um deine Schwiegermutter und Tante. Sie halten sich sehr gut. Möchten Sie auch Father's Shaver benutzen? Wir besuchen oft Onkel Erich, du kennst Mutters Bruder."
Emmys Mutter, Hilda van Hoorn-Katz schreibt noch einige Zeilen: „Ich bin am Boden, alle Lebensmittel sind zurückgelassen worden. Ich hoffe, dass einige davon nachgeschickt werden können.“ Unter dem Bademantel hängt ein Kleid mit Knöpfen … das hätte mir gefallen. Auf dem Nachttisch oben steht eine Schachtel mit Haarnadeln etc. Mit freundlichen Grüßen H. van Hoorn.“
Auf der Rückseite des Umschlags an der Absenderstelle steht: "M. van Hoorn und Katz, Barak 67, Westerbork (Dr)" …
Verwendete Dokumente und Literatur
Olschewski, Ursula (Bearb.), Kalletal - Langenholzhausen, in: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe. Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Detmold, Ardey-Verlag, Münster 2013, S.468 - 470
Bundesarchiv Gedenkbuch
Joods Monument
Niederländisches Zeitungsarchiv Delpher