Die Geschichte der Gedenkstätte
In den ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg geriet das Gelände des Vernichtungslagers für die meisten Menschen in Vergessenheit. Erst mit den Gerichtsverfahren, die Anfang der 60er Jahre gegen die deutschen Täter und ihre Helfer (Trawniki-Männer) in Hagen und Krasndodar stattfanden, rückte das Gelände des Todeslagers Sobibór wieder in die Öffentlichkeit.
Am 27. Juni 1965 wurde ein Denkmal mit einer feierlichen Zeremonie eingeweiht, das so zum grössten Teil auch im Jahre 2014 noch zu sehen war. Der `Aschehügel´ wurde nach dem Entwurf von Ryszard Dylewski erbaut. Mieczyslaw Welter entwarf den steinernen Kubus mit der Skulptur einer verzweifelten Mutter mit ihrem Kind im Arm.
Die Gedenktafel, die zu diesem Anlass am Eingang der Gedenkstätte an einer Mauer angebracht wurde, entsprach nicht der historischen Wahrheit. Auf ihr war zu lesen: „An diesem Ort bestand von Mai 1942 bis Oktober 1943 ein nationalsozialistisches (eigentlich: hitlerisches) Vernichtungslager. Im Lager wurden 250.000 sowjetische Kriegsgefangene, Juden, Polen, Zigeuner ermordet. Am 14. Oktober 1943 kam es zu einem bewaffneten Aufstand von hunderten Häftlingen, die nach dem Kampf mit den faschistischen Wachmännern entkamen.“
Thomasz Toivi Blatt, einer der überlebenden Häftlinge, wanderte in den 60er Jahren in die USA aus. Bei seinen Besuchen in seiner polnischen Heimat war es ihm wichtig, dass die Geschichte des Lagers nicht verfälscht wird bzw. in Vergessenheit gerät.
Erst nach dem politischen Umbruch in Polen, gelang es ihm 1993 eine neue Gedenktafel an der Mauer anzubringen, auf der von nun an unmissverständlich zu lesen war, dass Sobibór ein Mordlager für jüdische Menschen war.
Im Laufe der Jahre wurden an der Mauer am Eingang der Gedenkstätte weitere Tafeln mit Inschriften in Englisch, Hebräisch, Jiddisch, Polnisch, Niederländisch, Französisch, Slowakisch und Deutsch angebracht. Die Tafel mit der deutschen Inschrift wurde 2003 im Rahmen der Feierlichkeiten zum 60. Jahrestages des Aufstandes angebracht. Im Zuge der archäologischen Arbeiten für die Neugestaltung wurde die Mauer 2014 abgerissen.
1993 eröffnete ein kleines Museum am Eingang der Gedenkstätte, das Gebäude hatte in den Jahren zuvor als Kindergarten und später als Schulungsgebäude für die Forstwirtschaft gedient, in dem Kurse für ausländische Gäste angeboten wurden.
Von 1993 bis 2012 war die Gedenkstätte eine Abteilung des Kreismuseums „Muzeum Pojezierza Leczyńsko w Włodawskiego“ in Włodawa. Nach einer Umstrukturierung gehört die Gedenkstätte Sobibor seit Mai 2012 zum „Muzeum Majdanek“ in Lublin.
Nur ein Originalgebäude auf dem Gelände des ehemaligen Vernichtungslagers ist erhalten geblieben: die Kommandantur, genannt „Schwalbennest“, steht bis heute. Das Gebäude ist jedoch in Privatbesitz und liegt außerhalb des Geländes der heutigen Gedenkstätte.
Im Jahr 2003 wurde auf Initiative des Bildungswerks Stanislaw Hantz und der Gedenkstätte Sobibór zum 60. Jahrestages des Aufstands eine Gedenkallee eingeweiht. Die Gedenkallee für die ermordeten jüdischen Menschen in Sobibór ist ein nichtstaatliches Gedenk- und Erinnerungsobjekt. Jeder und jede konnte einem Opfer des Vernichtungslagers einen Baum sowie einen Gedenkstein stiften. Diese Bäume und Steine bildeten eine Allee, die den Weg symbolisiert, den die Opfer zu den Gaskammern gehen mussten. Im Jahr 2004, ein Jahr nach der Eröffnung, stieg auch die Stichting Sobibor aus Amsterdam/Niederlande mit in das Projekt der Gedenkallee ein. 19 Deportationszüge waren aus den Niederlanden zwischen Februar und Juli 1943 in das Vernichtungslager Sobibór geleitet worden.
Im September 2008 beschlossen die Länder Polen, Slowakei, Israel und die Niederlande eine Vereinbarung zur Neugestaltung der Gedenkstätte, das sogenannte „Memorandum of Understanding“. Durch die finanzielle und inhaltliche Mitwirkung aller teilnehmenden Ländern wird eine staatliche Errichtung eines neuen Museums und der Gedenkstätte ermöglicht.
Als erster Schritt wurde die Gedenkstätte Sobibór deswegen im Mai 2012 zu einer Abteilung des staatlichen Museums Majdanek in Lublin, und ist ganzjährig geöffnet. Zwei Freiluftausstellungen auf dem Gedenkstättengelände beschäftigen sich mit der „Aktion Reinhard“ und der Lagergeschichte. Das kleine Museum wurde geschlossen.
Am 18. Januar 2013 wurde ein internationaler Wettbewerb durch die Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung ausgeschrieben, die Vorgabe des Wettbewerbes war es, die bisherigen Gedenkorte auf dem Gelände, wie der `Aschehügel´ und die Gedenkallee, mit einzubeziehen. 63 Vorschläge wurden der Jury eingereicht. Am 18. Juli 2013 wurden in Warschau die Gewinner bekanntgegeben. Drei Projekte wurden ausgezeichnet
Die Neugestaltung der Gedenkstätte wird aus zwei Teilen bestehen: einem neuen Museumsgebäude und einer Umgestaltung des Geländes der bisherigen Gedenkstätte.
Am 14. Oktober 2013, dem 70. Jahrestag des Aufstandes, wurde die Vergabe des Projekts bekanntgegeben. Das Design von den drei jungen polnischen Architekten Marcin Urbanek, Piotr Michalewicz und Lukas Mieszkowski wird letztendlich umgesetzt. (1. Entwurf: 1. Entwurf der Architekten )
Ihr Konzept haben die Architekten in den letzten beiden Jahren mit einigen Veränderungen angepasst.
Im Jahr 2014 wurde das Gelände der Gedenkstätte auf 25 Hektar erweitert. Die ehemalige Eisenbahnrampe, wo die Jüdinnen und Juden aus den Waggons steigen mussten und von dort in das Mordlager geführt wurden, wird zukünftig zur Gedenkstätte gehören. Leider jedoch ist die ehemalige Kommandantur des Vernichtungslagers, das so genannte „Grüne Haus“, nicht in das Neugestaltungskonzept aufgenommen worden.
Im Frühjahr 2015 wurde begonnen, das Gelände umzugestalten. Das Konzept, das den Wettbewerb gewonnen hatte, sieht vor, dass die Besucher und Besucherinnen sich künftig auf einen Rundgang durch das Gelände begeben. Beginnend mit einem Besuch des Museums gehen sie anschließend auf dem Weg entlang der „Himmelfahrtstraße“ zu dem Ort, an dem sich die Gaskammern befunden haben. Dort können sie einen Blick auf das Feld der Massengräber werfen. Auf dem Weg zurück zum Parkplatz gehen sie an den Gedenksteinen vorbei, die einmal auf der Gedenkallee gestanden hatten. Im Einzelnen soll dieses so aussehen:
Das hölzerne Museumsgebäude, das bereits 2014 abgerissen wurde, wird durch ein neues modernes Museumgebäude ersetzt. Entstehen soll ein einstöckiges, dreigeteiltes Gebäude mit einer holzähnlichen Fassade. Ab dem Jahr 2017 soll den Besuchern die Möglichkeit geboten werden, sich in einer neukonzipierten Ausstellung zu informieren. Entstehen sollen hier des weiteren ein Konferenzraum, Toiletten und die Büros der Mitarbeiter des Museums. Die im Museumsgebäude entstehenden Glasfronten sollen den Blick auf die unterschiedlichen Perspektiven der Opfer zeigen. In Richtung Norden zeigt der Blick des Besuchers auf den Weg, den die Opfer durch die sogenannte `Himmelfahrtsstrasse´ zur Gaskammer gehen mussten, in Richtung Süden auf den Platz im ehemaligen Lager 1, auf dem am 14. Oktober 1943 der Aufstand begann.
Direkt hinter dem neuen Museum schließt sich der Platz an, an dem sich die Opfer vor mehr als 70 Jahren entkleiden mussten. Hier soll die Statue der Frau mit ihrem Kind auf dem Arm stehen, die bereits 1965 auf der Gedenkstätte errichtet wurde. Sie soll an dieser Stelle die Situation der Opfer symbolisieren, die hier von ihren Familien getrennt wurden, die Angst und die Einsamkeit im Angesicht des bevorstehenden Todes.
Bisher stand die Statue an dem Ort, an dem die Gaskammern vermutet worden waren, und was durch die Ausgrabungen der Archäologen im September 2014 bestätigt wurde.
Eine drei Meter hohe Betonmauer, die hinter dem Museum beginnt, wird sich entlang der `Himmelfahrtsstraße´ durch den Wald zu den Gräberfeldern schlängeln. Auf diesem Weg wurden die Opfer in die Gaskammern getrieben. Die Mauer zieht sich bis zu dem Ort, an dem man die Überreste der Gaskammern gefunden hat. Entlang dieser Mauer, in einigen Metern Abstand, sollen Besucher auf einem Weg zu dem Bereich gehen, an dem im September 2014 die Reste des Gaskammergebäude gefunden wurden. Die Fundamente der Gaskammern werden teilweise sichtbar bleiben, eine Glasplatte zeigt Mauerreste, und der Umriss des Gebäudes wird durch Kieselsteine gekennzeichnet.
Das Gelände der Massengräber wird in Zukunft nicht mehr begehbar sein. Von einer drei Meter hohen Betonmauer umgeben wird der Boden gepflastert, in dem die Leichen der Opfer verbrannt und verscharrt wurden. Durch die unterschiedliche weiß- gräuliche Farbgebung der Pflastersteine werden die Massengräber sichtbar gemacht. Durch eine Wölbung der Pflastersteine wird der Bereich des heutigen „Aschehügels“ angedeutet sein. Die Besucher können einen Blick auf das Gräberfeld werfen, wenn sie am Ort stehen, wo sich die Gaskammern befanden.
Die Gedenkallee wird in ihrer heutigen Form keinen Platz mehr in der Gedenkstätte erhalten. Bereits seit Beginn des Jahres 2015 ist sie teilweise abgesperrt. Bekannt ist nur, dass die Steine erhalten bleiben und versetzt werden sollen. Die Fichten, die gleichzeitig gepflanzt wurden, werden abgeholzt. Der neue Standort für die Gedenksteine der Gedenkallee soll die eine Seite des Weges sein, der vom Gräberfeld zurück zum Museum und den Parkplätzen führt. Die Besucher sollen nach ihrem Museumsbesuch und entlang der „Himmelfahrtsstraße“ an der Stelle der Gaskammern ankommen. Nach dem Stand der heutigen Planung sollen die Besucherinnen und Besucher auf ihrem weiteren Weg durch die Gedenkstätte an den Gedenksteinen entlang gehen.
Im Zuge der Umbauarbeiten für die neue Gedenkstätte in Sobibor wird leider ein großer Teil des Projektes der Gedenkallee verloren gehen. Im Konzept der Neugestaltung ist die Gedenkallee in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr vorgesehen. Die Steine mit ihren Namen werden aber erhalten bleiben. Wie genau das aussehen wird, wissen wir noch nicht……
Bereits im Frühjahr 2015 sollten die Arbeiten zur Neugestaltung der Gedenkstätte, deren Abschluß für das Jahr 2016 geplant war, beginnen. Aufgrund von Uneinigkeiten bei den verantwortlichen Initiatoren, ist der Beginn, erst einmal auf das Frühjahr 2016 verschoben worden.