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Flora Speier, geborene Abt

geboren am 23. Oktober 1873 in Melsungen, Hessen, Deutschland
ermordet am 21. Mai 1943 in der deutschen Mordstätte Sobibor

Familie

Ehemann: Isaak Speier geboren am 17. Februar 1856 in Melsungen, Hessen, Deutschland verstorben am 11. Mai 1925 in Melsungen Sohn: Leo Speier geboren am 26. Oktober 1905 in Melsungen, Hessen, Deutschland ermordet am 11. Februar 1943 in der Mordstätte Auschwitz-Birkenau Schwiegertochter: Elize Nanthhe Jetty Speier, geborene Leefsma geboren am 1. April 1911 in Henglo, Niederlande ermordet am 11. Februar 1911 in der Mordstätte Auschwitz-Birkenau Enkelsohn: Isaac Alfred Speier geboren am 22. Dezember 1935 in Amsterdam, Niederlande ermordet am 11. Februar 1911 in der Mordstätte Auschwitz-Birkenau Vater: Leiser Abt geboren am 17. November 1833 in Melsungen, Hessen Deutschland verstorben am 4. November 1908 in Melsungen, Hessen, Deutschland Mutter: Jettchen Abt, geborene Wertheim geboren am 18 Oktober 1845 in Witzenhausen, Hessen, Deutschland verstorben am 24. August 1938 in Melsungen, Hessen, Deutschland Bruder: Abraham Abt geboren am 10. April 1860 in Melsungen, Hessen, Deutchland verstorben 1935 in Berlin, Deutschland Bruder:Siegfried Abt geboren am 8. April 1870 in Melsungen, Hessen, Deutschland umgekommen am 10. Januar 1943 im Ghetto Theresienstadt Bruder: Julius Abt geboren am 31. Oktober 1971 in Melsungen, Hessen, Deutschland verstorben 1945 in Kreuzlingen in der Schweiz

Lebensdaten

1873 Geburt in Melsungen 1892 Heirat mit Isaak Speier 1905 Geburt des Sohnes Leo 1908 Tod des Vater Leiser 1925 Tod des Ehemannes 1927 die Witwe ist Alleinerbin von Haus und Geschäft 1927 Übertragung des Erbes an den Sohn 1932 Konkurs des Geschäftes 1933 Sohn Leo Speier flieht in die Niederlande 1935 Versteigerung des Hauses in Melsungen 1935 Heirat des Sohnes 1935 Geburt des Enkelssohnes 1938 Tod der Mutter Jettchen 1939 Flora Speier flieht in die Niederlande 1943 Verhaftung in Amsterdam 1943 Verschleppung von Flora Speier nach Sobibor und Ermordung 1943 Ermordung des Bruders Siegfried und seiner Familie 1944 Ermordung des Sohnes Leo und seiner Familie in Sobibor
Porträtfoto
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Flora mit ihrem Sohn Leo und ihrer Mutter


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ihr Sohn Leo


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der Grabstein ihres Mannes Isaak auf dem jüdische Friedhof in Melsungen


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Das Haus der Familie Speier in der Kasseler Straße in Melsungen (2. Haus linke Seite)


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Biografie

Flora Abt wurde als jüngste Tochter von Leyser und Jettchen Abt im hessischen Melsungen geboren und wuchs zusammen mit ihren drei älteren Brüdern auf.


Seit Mitte des 16. Jahrhunderts lebten in Melsungen bereits Jüdinnen und Juden. Zur jüdischen Gemeinde zählte eine Religionsschule, eine Synagoge und es gab den jüdischen Friedhof. Um 1900 waren 116 der Einwohner Juden. 1933 lebten noch 76 Jüdinnen und Juden in der Stadt.


1892 heiratete Flora Abt den deutlich älteren und ebenfalls aus Melsungen stammenden Isaak Speier. Isaak Speier erbte im Jahr 1903 nach dem Tod seines Vaters das stattliche Haus in der Kasseler Straße 28, das sein Großvater 1842 gekauft hatte. Isaak Speier führte den Lederwarenhandel seines Vaters weiter. Im Oktober 1905 wurde ihr gemeinsamer Sohn Leo geboren.


1925 starb Isaak Speier, sein Grabstein steht auf dem jüdischen Friedhof in Melsungen. Flora Speier war die Alleinerbin und übertrug 1927 Haus und Geschäft an ihren Sohn Leo. Dieser verschuldete sich aus nicht bekannten Gründen mit hohen Summen. Er musste 1932 Konkurs anmelden. Leo Speier floh bereits kurz nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten im Mai 1933 nach Amsterdam. 1935 kam es zur Zwangsversteigerung des Hauses und des Ladens, der Zuschlag ging für 12.000 RM an Gustav Köhler aus Melsungen.


Flora Speier blieb vorerst in Melsungen und wohnte in der Schlossstraße und in der Kasseler Straße 1. Flora Speier wurde noch 1935 als Mitglied des israelitischen Müttervereins in einer entsprechenden Liste aufgeführt.




Flucht in die Niederlande

Am 16.1.1939 floh die nun bereits sechsundsechzigjährige Flora Speier zu ihrem Sohn nach Amsterdam. Leo Speier hatte 1935 geheiratet und wohnte mit Frau und Sohn, geb. 1935, und nun mit seiner Mutter Flora in Amsterdam. Die letzte Wohnanschrift der Familie war in der Gaaspstraat 54 I.

Mit ihnen lebten zu diesem Zeitpunkt bis zu 50.000 deutsche Jüdinnen und Juden in den Niederlanden, sie waren seit 1933 legal oder illegal eingewandert. Mit der Besetzung der Niederlande durch die deutsche Wehrmacht, verschlechterte sich die Situation der Flüchtlinge drastisch. Die Ausgrenzung, Entrechtung, Beraubung und Verfolgung, die die Juden und Jüdinnen bereits im Deutschen Reich mitgemacht hatten, mussten sie nun ein zweites Mal in den Niederlanden erleben.




Flora Speier erhielt im Frühjahr 1943 die Aufforderung, sich in der Hollandsche Schouwburg zu melden. Dieses ehemalige Theater diente den deutschen Besatzern seit Sommer 1942 als Sammelstelle für die Jüdinnen und Juden aus Amsterdam. Wenn sich diese nicht freiwillig in der Schouwburg meldeten, wurden sie bei Razzien, in ihren Wohnungen, an ihren Arbeitsplätzen oder auf der Straße von deutschen oder auch niederländischen Polizisten aufgegriffen und zur Sammelstelle gebracht und weiter in das „Polizeiliche Judendurchgangslager Westerbork“ verschleppt.

Westerbork diente als Konzentrationslager in Vorbereitung der Deportationen v.a. der jüdischen Flüchtlinge und niederländischen Jüdinnen und Juden in die deutschen Vernichtungslager. Von hier wurden zwischen 1942 und 1944 insgesamt 107.000 Jüdinnen und Juden in den Osten verschleppt - 19 Transporte mit über 34.000 Jüdinnen und Juden verließen Westerbork mit dem Ziel Sobibor.
Flora Speier wurde am 18. Mai 1943 mit dem 12. Transport, zusammen mit 2501 weiteren Jüdinnen und Juden in Viehwaggons nach Sobibor verschleppt und drei Tages später unmittelbar nach ihrer Ankunft in Sobibor ermordet.
Flora Speiers Sohn Leo, seine Frau Jetty und ihr Sohn Isaac wurden ebenfalls verhaftet und nach Westerbork verschleppt. Am 8. Februar 1944 wurden sie in das deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert und am 11. Februar 1944 ermordet.




Die Brüder von Flora Speier

Flora Speier wuchs mit ihren drei älteren Brüdern auf. Ihr ältester Bruder Abraham verstarb mit 75 Jahren 1935 in Berlin, Siegfried wurde als 72-Jähriger ins Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt und kam dort ums Leben, seine Frau Fanny kam im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz um. Julius wurde ebenfalls nach Theresienstadt verschleppt, überlebte und verstarb nach 1945 in der Schweiz; seine Frau hatte Theresienstadt nicht überlebt.



Verwendete Dokumente und Literatur

Der Gedenkstein in Sobibor wurde von Bernd Köhler, dem Sohn des Nachbesitzers des Hauses, gespendet; der sich intensiv mit der Geschichte seines Elternhauses beschäftigt hat -> Link

Bundesarchiv Gedenkbuch
Joods Monument

ITS Archiv Arlosen

Klein, Ernst, Verschwundene Nachbarn – verdrängte Geschichte, 2012




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