Walter Poppert
geboren am 26. März 1914 in Dortmund, Nordrhein-Westfalen, Deutschland
ermordet im Oktober 1943 in der deutschen Mordstätte Sobibor
Familie
Lebensdaten
Stolpersteine für Trude und Walter Poppert vor ihrem ehemaligen Wohnhaus in der Hohe Straße 61a in Dortmund
Walters Ehefrau Gertrud
Brief den Gertud und Walter Poppert im August 1943 aus dem Lager Sobibor an Gertrudes Vater Anton Schönborn in Dortmund geschrieben haben
Brief den Walter Poppert im Juni 1943 aus dem Lager Sobibor an Gertrudes Vater Anton Schönborn in Dortmund geschrieben hat
Biografie
Walter Michel Poppert wurde 1914 in Dortmund als jüngster Sohn von Selma und Siegmund Poppert geboren. Sein Bruder Erich Karl war zwei Jahre älter. Sein Vater Siegmund war in den Niederlanden aufgewachsen. So hatte die Familie die Möglichkeit, die Zeit des Ersten Weltkrieges teilweise in den Niederlanden zu verbringen. Die beiden Söhne hatten aufgrund der Herkunft des Vaters die niederländische Staatsbürgerschaft. Der Vater betrieb ein Handelsgeschäft, seine Frau Selma war von Beruf Krankenschwester. Kurz nach Walters 10. Geburtstag starb seine Mutter Selma in Dortmund. Ein Jahr nach ihrem Tod heiratete Walters Vater seine Schwägerin Olga. Walters Stiefschwester Ilse Selma Marta Poppert kam im Jahr 1924 zur Welt.
Walter Michel lernte seine spätere Frau Gertrud, Rufname Trude, Schönborn in Dortmund kennen. Sie war die Tochter des Kaufmanns Anton Schönborn und seiner Frau Selma. Gertrud hatte noch eine Schwester, sie hieß Hilde. Ihr Vater Anton war katholisch, ihre Mutter Selma war jüdischen Glaubens.
Flucht in die Niederlande
Walters älterer Bruder Erich lebte mit seiner Familie bereits ab 1933 in Zaandam in den Niederlanden. Als die Verfolgung und Repressionen gegen die jüdische Bevölkerung im deutschen Reich immer bedrohlicher wurden, entschloss sich 1938 auch Walter Poppert in die Niederlande auszuwandern. Sein Vater, seine Stiefmutter und seine Stiefschwester zogen ebenfalls nach Zaandam zu Walters Bruder.
Walter ließ sich in Amsterdam nieder. Seine Braut Gertud kam wenige Wochen später nach. Im Dezember 1938 heirateten die beiden. Walter betrieb in Amsterdam ein Konfektionsgeschäft. Im Mai 1940 besetzten die Nationalsozialisten die Niederlande. Die Jüdinnen und Juden in den Niederlanden wurden auch hier verfolgt und ihrer Rechte beraubt. Walters Familie in Zaandam musste 1941 ihre Häuser verlassen und nach Amsterdam ziehen. Die letzte Meldeadresse von Walter und Trude Poppert war in der Utrechtschedwarsstraat 113 in Amsterdam.
Ende 1942 wurden Walter und Trude verhaftet und nach Westerbork verschleppt. Das „Polizeiliche Judendurchgangslager Westerbork“ diente als Konzentrationslager in Vorbereitung der Deportationen v.a. der jüdischen Flüchtlinge und niederländischen Juden und Jüdinnen in die Vernichtungslager. Von hier wurden zwischen 1942 und 1944 insgesamt 107.000 Jüdinnen und Juden in den Osten verschleppt.19 Transporte mit über 34.000 Menschen verließen Westerbork mit dem Ziel Sobibor.
Deportation nach Sobibor
Am 18. Mai 1943 mussten sie in Westerbork mit weiteren 2009 Jüdinnen und Juden, in einen Deportationszug steigen. Nach einer dreitägigen Fahrt in Viehwaggons erreichte der Zug die Mordstätte Sobibor im heutigen Ostpolen. An der Rampe im Mordlager wurden alle aus den Waggons geholt und selektiert. Die meisten von ihnen wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft in den Gaskammern ermordet. Einige wenige der Deportierten wurden zur Zwangsarbeit im Lager ausgesucht, unter ihnen waren auch Gertrud und Walter.
Aus Postkarten, die beide im Juni und August 1943 an Gertruds Vater nach Dortmund schickten, weiß man, dass Gertrud im Lager die Kaninchen versorgen musste und Walter als Vorarbeiter im Waldkommando im Lager eingesetzt wurde. Die beiden Karten waren das letzte Lebenszeichen von Gertrud und Walter Poppert. Sie erreichten Gertruds Vater vermutlich erst nach dem Tod von Walter und Gertrud.
Es sind nur wenige Postkarten aus den Mordlagern der Aktion Reinhardt erhalten. Meistens gingen sie an Empfänger in die Niederlande oder ins Deutsche Reich. Ihr Weg führte über die Reichsvereinigung der Juden in Berlin, die sie dann weiterleiteten. Diese Postkarten mussten in deutscher Sprache verfasst sein und durften keine Hinweise auf die widrigen Lebensbedingungen oder die Morde in den Lagern enthalten. Es sind vier weitere Postkarten von Trude und Walter erhalten, die an Freunde in Amsterdam gerichtet waren.
Wann Walter und Gertrud Poppert genau verstarben oder ermordet wurden, ist nicht bekannt. In Gedenkbuch des Bundesarchivs ist als Todesdatum der 30.11.1943 angegeben. Die Postkarte blieb das letzte Lebenszeichen des Ehepaars aus Dortmund. In einer Aussage von Selma Engel, einer Überlebenden des Mordlagers, wurden die beiden erwähnt und dass sie zum Zeitpunkt des Aufstandes noch lebten. Am 14. Oktober verloren sich die Spuren von Gertrud und Walter Poppert.
Die Familie
Walters Vater Siegmund, seine Stiefmutter Olga und seine Stiefschwester Ilse Selma Poppert wurden bereits im Herbst 1942 verhaftet und nach Westerbork verschleppt. Sie mussten am 30. November 1942 einen der Züge besteigen, deren Ziel die deutsche Mordstätte Auschwitz-Birkenau war. Dieser Deportationszug kam am 2. Dezember in Auschwitz an. Es ist davon auszugehen, dass Siegmund, Olga und Ilse Selma Poppert unmittelbar nach ihrer Ankunft in Auschwitz ermordet wurden.
Walters älterer Bruder Erich Karl Poppert war bereits 1933 in die Niederlande ausgewandert. Er wohnte in Zaandam. 1934 heiratete er in der Zaandamer Synagoge die in Fritzlar in Hessen/Deutschland geborene Herta Speier. Ein Jahr später kam ihre Tochter Sonja Selma zur Welt. Nach seiner Auswanderung hatte Erich Karl eine Damenhutfabrik in Zaandam gegründet. Seine Frau Hertha half im Betrieb mit, ihre kleine Tochter Sonja erzogen sie katholisch und ließen sie 1940 taufen. Trotzdem wurde ihr 1941 nicht erlaubt eine christliche Schule zu besuchen. 1941 mussten sie Zaandam verlassen und zogen nach Amsterdam. Das Paar arbeitete im Untergrund. Sie versuchten belgische Ausweise zu besorgen, um jüdischen Menschen dabei zu helfen die Niederlande zu verlassen. Ihr Schmuggel flog auf. Erich konnte mit seiner kleinen Tochter rechtzeitig untertauchen, seine Frau wurde verhaftet. Einige Zeit später wurde Erich verraten und auch verhaftet. Tochter Sonja konnte fliehen und wurde bei einer katholischen Familie in Vught aufgenommen. Erich Poppert wurde nach seiner Verhaftung nach Westerbork gebracht. Anfang Mai 1943 wurde er nach Sobibor verschleppt und dort an der Rampe zur Arbeit ausgesucht. Sein letztes Lebenszeichen ist eine Postkarte aus dem SS-Arbeitslager Dorohucza, etwa fünfzig Kilometer von Sobibor entfernt. Von Dorohucza aus wird er noch in das Arbeitslager Trawniki verschleppt, dort verlieren sich seine Spuren.
Walters Schwägerin Herta Poppert, geborene Speier, wurde im Februar 1943 im Konzentrationslager Vught interniert, wo sie für die Firma Philips arbeitete. Ihr Arbeitskommando wurde im Juni 1944 nach Auschwitz verlegt. Sie überlebte die folgenden Monate bis Kriegende in verschiedenen Konzentrations- und Arbeitslagern. Herta Poppert-Speier starb am 6. Dezember 1991 in Cannes in Frankreich.
Text der Postkarte vom 20.6.1943 an Gertruds Vater
Meine Lieben!
Trude sowie ich schreiben hier aus einem Arbeitslager und hoffen wir, dass es Euch lb. Eltern etc. gesundheitlich etc. genau so geht wie uns. Wir arbeiten hier, doch macht euch keine Sorgen. Essen & Behandlung ist sehr gut und korrekt. Selbst Sport betreiben wir. Hoffentlich empfangen wir bald Post von Euch. Was soll ich weiter schreiben. Ihr wisst von alles Belangreiche & verbleiben wir mit vielen herzl. Grüssen & Küssen
Euer Walter
Text der Postkarte vom 31.8.1943 an Gertrudes Vater
Lieber Vater!
Hoffentlich hast d[…]
vorigen Bericht empfangen[…]
wollen wünchen, dass[…]
heutigen Zeit Dich[…]
erreichen. Es geht uns[…]
zufriedenstellend[…]
dasselbe. Ich arbeite[…]
Wochen auf einem[…]
[…]Kaninchen ver[…]
ist interessant[…]
habe die Tiere gerne & verrichte
ich die Arbeit mit liebe. Walter
ist Vorarbeiter von einem
Waldarbeiterkkommando & sind
wir jeden Mittag & Abend
zusammen. Ich & wir hoffen,
von Euch bald zu Hören
Trude & Walter
Verwendete Dokumente und Literatur
Website des Archivs ITS Arolsen
Website Gedenkbuch des Bundesarchivs
NaturFreunde Ortsgruppe Kreuzviertel Hg., Erinnern und Gedenken an Opfer des Terrors der Nationalsozialisten im Kreuzviertel, zusammengestellt von Georg Bückle